Die Frage, wer was „verdient“ hat, ist schon in einer Familie kaum reibungslos zu beantworten. Nationen erzeugen durch Mehrheitsbeschluss allenfalls „gefühlte“ Gerechtigkeit mit frühem Verfallsdatum. Die auf Einstimmigkeit bedachte Länderversammlung der G 20 muss daran scheitern – oder die Hürden so lange immer niedriger legen, bis jeder drüber kommt. Deshalb wird es für Banker- und Manager-Boni keine Höchstgrenze geben, sondern lediglich eine Verlagerung der Anreize vom kurzfristigen auf nachhaltigen Erfolg. So weit hat das G-20-Vorbereitungstreffen die Hürde schon abgesenkt. Volkes Willen ist das nicht, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Dass die Kreditwirtschaft trotzdem Zeter und Mordio schreit, beweist, dass die Regierungen den richtigen Zeitpunkt für Reformen schon fast verpasst haben.
Schnelle Millionen-Boni, unabhängig vom Erfolg, enorme Abschiedszahlungen von abgewirtschafteten Unternehmen – wenigstens das soll es nicht mehr geben. Hier können Staaten auch mit Aussicht auf Erfolg ansetzen, etwa über die Steuervorschriften. Steuervorteile gibt es nur dann, wenn Boni über Jahre gestreckt und an den unternehmerischen Erfolg gekoppelt werden. Immerhin.
Anders verhält es sich mit dem größeren Stein des Anstoßes: den Summen. Denn bei der Höhe von Gehältern oder Bonuszahlungen haben Regierungen nur wenig Mitspracherecht. Die Verträge werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt; wer seine Arbeitskraft anbietet, möchte dafür einen möglichst hohen Preis erzielen. Die Auswahl für die Besetzung von Spitzenpositionen ist offenkundig gering (was mehr über Seilschaften aussagt als über tatsächliche Qualität – zu oft tauchen Versager wieder aus der Versenkung auf), und das treibt nach den Regeln des Marktes den Preis. Vor allem, wenn der Markt global ist. Gut möglich, dass manches Unternehmen nur deshalb internationalisiert, weil dann die Managergehälter explodieren.
Aber auch das rechtfertigt nicht den Ruf nach einer gesetzlichen Obergrenze – beim Gedanken daran, dass eine Behörde die Dotierung für den Chef von VW festlegt, oder für den Finanzvorstand von Siemens, würde mich nicht beruhigen. Stattdessen sind gefordert: Aufsichtsräte, die ihren Namen verdienen (und keine Abnick-Runde aus ehemaligen Vorständen). Und hier könnte der Staat schon heute zeigen, was er meint. Immerhin sitzen staatliche Abgesandte in vielen Aufsichtsräten – durch Sparsamkeit und vernünftige Gehalts- und Bonusregeln sind die aber noch nicht aufgefallen.
Und noch etwas: Wie wäre es, wenn die Banken ein Gütesiegel entwickeln – nötig hätten sie es ja nach dieser Krise. So, wie das Siegel „Bio“ bei Öko-Bauern, die keinen Kunstdünger einsetzen. Oder wie der „Blaue Engel“. Die Banken müssten sich auf eine besonders stabile Ausstattung mit Eigenkapital festlegen, auf die windigsten Papiere verzichten und ihren Chefs die Boni nur für nachhaltigen Erfolg auszahlen – am besten mit einer Steuergutschrift für Mittelstandsnähe, Jobsicherheit und Ausbildungsfreude. Also auf jene Prinzipien verpflichtet, die galten, als Banker noch „Bankiers“ waren. Das könnte die Rendite verringern, aber ich bin sicher, die Kunden würden solche Institute belohnen.
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