
Den steigenden Öldurst stillen - das bedeutet nach Prognosen der IEA auch neue Bohrungen in tiefen Gewässern. Wie im Golf von Mexiko.
Zu den neuen oder stärker sprudelnden Quellen, die Stabilität garantieren sollen, gehören Öl- und Gaslieferanten in so „stabilen“ Ländern wie Kasachstan, Turkmenistan und Aserbaidschan. Dazu gehört jede Menge Zuversicht. Optimismus verbreitet die IEA aber nicht nur bei der Förderung, sondern auch beim Verbrauch. Sie geht in ihrem „World Energy Outlook 2011″ davon aus, dass die OECD-Staaten ihren Ölverbrauch nicht steigern. Für die dazu nötige Umstellung auf „Erneuerbare“ werden erhebliche staatliche Anreize vorgesehen. Solche Anreize sind Teil einer „neuen Politik“, die sich die Agentur für ihre Prognose erhofft. Ganz im Sinne hochgesteckter Klimaziele.
Während die OECD-Staaten ihren Öldurst – hoffentlich – drosseln, wird er im Rest der Welt allerdings ständig größer – um 36 % in den kommenden 25 Jahren. In China geht es in diesem Zeitraum um 75 % rauf. Bis dahin werden weltweit wohl 1,5 Milliarden Autos gefahren.
Es genügt also nicht, die Ölförderung konstant zu halten. Es muss mehr Öl her; Öl, das nicht mehr aus leicht zugänglichen Quellen sprudelt (peak oil liegt ja hinter uns). Und wie soll dieser größere Bedarf gedeckt werden? Den erwarteten Verbrauchsanstieg sollen verflüssigtes Erdgas und „nicht konventionelles Erdöl“ bedienen. Nicht konventionell sind zum Beispiel Ölschiefer, Ölsande, Öl aus der Tiefsee (Wassertiefe > 500 Meter) und vom Polarkreis.
Verbrauch bremsen, neue Quellen anzapfen – ob das alles eintrifft? Was im schlechtesten Fall passieren kann, haben sich schon Militärexperten überlegt. Das Zentrum für Transformation der Bundeswehr (ZTransfBw, Strausberg) beschreibt in einer Studie „Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologien im 21. Jahrhundert – Umweltdimensionen von Sicherheit“, was geschieht, wenn eben nicht genug gespart, mehr gefördert, Öl deshalb immer knapper und teurer wird:
Autofahren wird Luxus („Mobilitätskrise“); Transporte (Lkw, Flugzeug, Schiff) werden teurer – und mit ihnen die Waren. Das gilt nicht nur für exotisches, über weite Entfernungen herbei geschafftes Essen. Der Trend zu Bio-Sprit (Mais, Zuckerrohr & Co.) löst heute schon einen Wettbewerb um Felder aus und verteuert bereits den Weizen. Dass die Bauern ihre Traktoren betanken und die Felder düngen müssen, treibt bei knapper werdendem Öl die Lebensmittelpreise zusätzlich.
Nicht nur die Landwirtschaft, die ganze Wirtschaft hängt am Öl. Wenn Autofahren Luxus wird, geht es auch den Herstellern schlechter. Die Globalisierung gerät ins Stocken. „Transformationsarbeitslosigkeit“ nennt die Studie als eine der Folgen des tiefen Wandels, ausgelöst vom Erdölmangel. Und ein Land wir Deutschland, das am Weltmarkt hängt, wird besonders stark leiden, wenn Transporte teurer werden.
Natürlich passieren die Veränderungen nicht von heute auf morgen. Die Streitkräfte-Studie rechnet damit, dass „sicherheitspolitische Auswirkungen“ mit einer Verzögerung von 15 bis 30 Jahren nach „Peak Oil“ eintreten. Also zwischen 2020 und 2035. Wenn nichts geschieht. Noch hat es die Welt in der Hand. Ein Weihnachts-/Neujahrswunsch.
5 Kommentare zu Der Abschied vom Erdöl hat begonnen