
Ob es noch Geld gibt? 70, 80 oder 90 Milliarden Euro braucht Portugal aus der EU-Kasse. Während Deutschland mit Volldampf auf Wachstumskurs geht, und die EZB die Zinswende einleitet.
Das erinnert an die „Feuerzangenbowle“ – „nur ein wönzeges Schlöckchen“. 0,25 Prozentpunkte. Aber es ist dennoch die Wende. Die EU verlässt den Zinskeller und besiegelt den Glauben an einen robusten Aufschwung. Endlich. Wer Geld hat in Deutschland, darf sich über steigende Erlöse vom Tagesgeldkonto freuen – so weit vorhanden. Wer noch sein Häuschen bezahlen muss, wird die Finanzierung so langfristig organisiert haben, dass höhere Zinsen allenfalls eine ferne Bedrohung sind. Hauptsache, die Inflation wird bekämpft, das deutsche Trauma.
Gut möglich, dass uns die Beifallsrufe im Hals stecken bleiben. Der Aufschwung ist längst nicht überall in Europa angekommen. Während optimistische Experten in Deutschland schon mit einem Wachstum über 3 Prozent liebäugeln (hoch offiziell und mit gebremstem Optimismus werden inzwischen sagenhafte 2,8 erwartet), bewegen sich andere große EU-Volkswirtschaften nahe null. Ein Zinsanstieg wirkt da ganz schnell als Bremse – vor allem, weil dem ersten Zinsschrittchen zwingend weitere folgen müssen, wenn es tatsächlich darum geht, eine geldpolitische Wirkung zu erzielen.
Deutschland hat es da richtig gut. Nicht mal ein sich bereits verteuernder Euro dürfte unserem Export schaden – wer deutsche Maschinen und Luxusautos haben will, zahlt auch eine etwas höhere Rechnung (und die Masse geht ja eh in den Euroraum). Aber die Südeuropäer verkaufen keine Spezialmaschinen und Fabriken in alle Welt. Und sie sind auf fremdes Geld angewiesen, das sie wahrscheinlich kaum zurückzahlen können. Zuerst werden die Griechen ihre Gläubiger zur Kasse bitten müssen und umschulden. Schon bald – wetten? Das trifft dann wieder die Banken, auch in Deutschland, wenn sich griechische Staatsanleihen in Giftpapiere verwandeln. Und über den Umweg nach unten zu korrigierender Wertpapierbestände und deshalb erneut zu rettender (Landes-?)Banken schlägt die Rechnung für höhere Zinsen irgendwann in Berlin auf. Und dann bei allen Steuerzahlern.
Aber die Inflation? Satte 2,6 Prozent. Genau das haben wir doch befürchtet: Die Staaten lassen die Inflation galoppieren, um sich von den Schuldenlasten zu befreien. Durch Geldentwertung. Geldentwertung? Panik! Keine Sorge. Davon sind wir noch weit entfernt. Die gegenwärtige Inflation wird befeuert durch höhere Energiepreise und teure Lebensmittel. Alles andere bleibt im Rahmen, den sich auch eine Bundesbank stecken würde: deutlich unter zwei Prozent. Löhne und Gehälter steigen je ebenfalls nur moderat.
Was die EZB mit ihrer Zinswende anstrebt, ist zum einen eine Beruhigungspille gegen Inflationsängste (aber kaum gegen eine echte Inflation. Wenn es wirklich Ernst wird, reichen 0,25 Punkte eh nicht.), zum anderen ein Signal an den hitzigen Geldmarkt und seine neuen Blasen. Ob das gut geht? Wünschen wir den Währungshütern Weitblick und dem Aufschwung in ganz Europa große Kraft. Im eigenen Interesse. Die EU ist bereits zu sehr in eine Transfer-Union umgebaut worden, als dass uns das Schicksal der „Sparschweine“ egal sein kann. Denn wir müssen sie füllen.
4 Kommentare zu Zinsen: Der Ritt auf der Rasierklinge beginnt