
Kraftwerk unter Last - Aufschwung oder Klimawandel? Die Propheten ansteigender Temperaturen finden kein Gehör mehr. Gerade tagen mal wieder 5000 Delegierte in Bonn - und keiner hört hin. Auch egal.
Der Kampf gegen den Klimawandel lässt sich nicht länger mit forsch entwickelten Horrorszenarien und wie auch immer ermittelten Höchstwerten für Gerade-noch-mal-überlebt (plus 2 Grad ist noch gut, bei 2,1 Grad geht es nicht mehr?) in Gang bringen. Wenn sich im Dezember 15.000 oder gar 20.000 Delegierte in Mexiko ohne Aussicht auf wirksame Beschlüsse versammeln, ist das angesichts einer Weltkrise eher ein Thema für Karikatur und Kabarett. Dass die UNFCCC (das bedeutet es: United Nations Framework Convention on Climate Change) bereits um Geld bettelt für weitere Vorbereitungskonferenzen, ist eher ein Symptom für das Scheitern als ein Zeichen der Hoffnung.
Die momentan noch tagenden (oder was?) Delegierten können nur dann etwas bewegen, wenn sie sich zuerst selbst bewegen. Ob sie und die Vereinten Nationen dazu schon bereit sind? Der erforderliche Kurswechsel bedeutet nämlich auch den Abschied von Steuermilliarden (da können wir in der Krise mal wirklich problemlos sparen), willfährigen Forschungsinstituten, Behördenungetümen und Konferenzmarathons. Und Macht.
Gefragt ist ein völlig anderer Ansatz: Wie kann die Welt ihre Wirtschaft von Öl und Kohle lösen, ohne an Fahrt zu verlieren? Die für einen solchen Prozess nötigen Rahmenbedingungen müssen nicht von Tausenden Delegierten ausgehandelt, gegen Lobbygruppen verteidigt und in Konferenzen durchgeboxt werden – sie sind da. Und sie sind weltweit identisch: Die fossilen Rohstoffe werden knapp, die Abhängigkeit von unsicheren Lieferländern nimmt zu. Umweltschäden, verursacht durch Verbrennung, Transport und Förderung, finden immer stärkere Berücksichtigung in der Kostenrechnung von Finanzdirektoren und Finanzministern. Und jedem ist klar: Wer seine Wirtschaft am schnellsten auf „grün“ umstellt, erobert den Markt. Wo „der Markt“ das nicht flott genug begreift, ist die Politik gefragt zu fordern und zu fördern – flexibel an der eigenen Region orientiert und nicht an mehr oder weniger fiktiven Grenzwerten.
In etlichen Staaten sind die Politiker bereits auf diesem Weg unterwegs. In der Europäischen Union wird gerade heiß diskutiert, ob man sich mit höheren Zielen der CO2-Reduktion neue Lasten aufbürdet – oder lieber mit Entwicklungszielen neue Forschungs- und Investitions-Lust erzeugt. Was auch ein wirksamer Weg aus der gegenwärtigen Krise wäre.
Aber weil Behörden ein langes Leben haben – weit über ihren ursprünglichen Zweck hinaus – passiert beides: Der Umbau der Weltwirtschaft vom Kohlenstoff weg, organisiert von weitsichtiger Politik und Unternehmen, die Krise und Rohstoffknappheit als Chance begreifen – und parallel dazu die end- und ergebnislosen Diskussionen über neue Klimaziele. Am liebsten ohne Horrorszenarien und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie gerade in Bonn. Wir müssen nicht hinhören. Denn der pragmatische Weg ist ohnehin der kürzere.
Ein Kommentar zu Keine Prognosen, keine Einigung – egal