
Ob die Kinder mal die Staatsverschuldung abtragen können, hängt ganz besonders von ihrer Ausbildung ab, sagt die OECD. Heute sieht es da in Deutschland ehe mau aus.
Die Antwort ist entweder desillusionierend einfach: unsere Kinder und Enkel. Oder sie ist nur desillusionierend: keiner. Wir sind der nächste Kandidat für den Bettelstaat, weil die Deutschen gleichzeitig älter, weniger und dümmer werden. Und weil Dummheit ein unbezahlbarer Luxus ist.
Wo blieb denn der Aufschrei der Empörung, als das Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel die Prognose veröffentlichte: Die deutsche Wirtschaft steigt bis 2040 im europäischen Vergleich ab und landet noch hinter Polen? Die Ursache für den Abstieg vom Musterknaben zum „Slumdog“ wird mitgeliefert: Deutschland ist alt, satt und behäbig geworden. Und nicht einmal die Krise bewegt das Land zum Umdenken.
Umdenken? Zum Beispiel in Sachen Sozialstaat, der nur die letzte Instanz vor dem Abstieg sein sollte, aber als Wählerfang-Spielwiese mehrerer Regierungsgenerationen inzwischen wie ein alternativer Lebensentwurf dasteht. Aber versorgt wird nur finanziell. Bildung und Erziehung sind immer noch Mangelware am unteren Ende der sozialen Marktwirtschaft. Und das können wir uns noch weniger leisten als die Milliardenlast an Transferleistungen, unter der die Kommunen zusammenbrechen und der Staatshaushalt ächzt.
Die Bevölkerung schrumpft – die Steuer- (und Renten- und Pflege- und Gesundheits-)lastenesel der Zukunft sind heute schon in Kindergärten und Grundschulen zu besuchen. Hier ist das Dilemma bereits sicht- und zählbar. Die Rente mit 67 hilft uns da auch nur einen Schritt weiter – aber wer traut sich, die Rente mit 70 zu propagieren?

Wer plant und baut die Solarautos der Zukunft? Den Deutschen fehlen Ingenieure - und eine Bildungsreform.
Wenig überraschend also, dass die OECD sagt: Es lohnt sich mehr, in Bildung zu investieren als in Konjunkturprogramme – in mehr Bildungsgerechtigkeit, in eine bessere Ausstattung mit Lehrenden, die bei uns im EU-Vergleich schlecht ist. Aber es geht nicht nur um Geld und Stellen. Die Lehrer und Erzieherinnen (Männer als Erzieher fehlen ja leider ebenso wie Grundschullehrer) sollen „produktiver“ werden. Bessere Bildungsergebnisse schlagen sich in Wachstum nieder, rechnet die OECD vor. Wenn wir so gut ausbilden wie die Finnen, legt die Wirtschaft jährlich um 0,8 Prozentpunkte extra zu. In Zeiten, in denen wir uns schon über 1,5 Prozent freuen, ist das eine ganze Menge. Es wäre ja schon erfreulich, wenn alle deutschen Schüler wenigstens das Niveau der Mexikaner erreichen. Aber daran scheitert jeder Sechste. Das kostet uns im Jahr 0,65 Prozentpunkte.
Und es kostet uns die Zukunft. Aber darüber reden wir nicht. Denn diese Zukunft liegt in zu weiter Ferne – jenseits der nächsten Bundestagswahl. Und mit Bildung ist im Land der Dichter und Denker kein Staat mehr zu machen.
19 Kommentare zu Zu wenige, zu alt und zu dumm?